Heute Morgen waren wir im Gottesdienst der Full Gospel Church in Seoul. Die Gemeinde ist die größte in Korea, ihr früherer Pastor Yonggi Choo ist weit über die Grenzen Koreas bekannt. Ich erinnere mich, dass in meinen Jugendzeiten immer wieder Menschen mit leuchtenden Augen von ihm und seiner Gemeinde berichteten und sich erhofften, etwas ähnliches auch bei uns in Deutschland etablieren zu können. Deswegen war ich einigermaßen gespannt, aber auch skeptisch, was uns erwarten würde. Das Gebäude ist riesig – in den Gottesdienstraum passen ungefähr 14.000 Menschen. Wir besuchten den dritten Gottesdienst an diesem Tag – uns kamen die Massen aus dem vorhergehenden entgegen. Für ausländische Gäste gibt es einen extra Balkon, mit Simultanübersetzung in Chinesisch, Japanisch, Englisch und etlichen anderen Sprachen. Der Gottesdienst eine unglaubliche Inszenierung: Eine Band, die das Warming-up übernimmt, während noch die Massen hereinströmen; ein ziemlich überdimensionierter Chor, Orchester, Dirigent, Organistin (alle entsprechend gekleidet), zwei Älteste und der gegenwärtige Leiter der Gemeinde, Pfarrer Younghoon Lee. Die Musik sehr eingängig, die Lieder zum guten Teil im schlichten Anbetungsstil (mit starker Betonung der Bedeutung des Blutes Jesu), zum Teil auch Hymnen vermutlich presbyterianischen Ursprungs. Ganz zu Beginn das Glaubensbekenntnis, was ich ungewohnt, aber theologisch interessant fand: sich am Anfang zu vergegenwärtigen, an wen wir glauben, hat etwas für sich. Die Predigt – ziemlich lang, aber eigentlich nicht so fürchterlich spannend – zielte darauf ab, dass wir dankbar sein sollen in unserem Leben. In guter evangelikaler Tradition gut unterfüttert mit einzelnen Bibelstellen, aber dort, wo es hätte konkret und auch ein bisschen evangelisch – im Sinne der Gnade Gottes – werden können, blieb das Ganze sehr blass. Besonders interessierte uns das Abendmahl: wie würde es möglich sein, in kurzer Zeit 14.000 Menschen zu beteiligen? Ein Heer von Freiwilligen erledigte das Ganze sehr fix; allerdings blieb in uns die Frage, was ein Abendmahl so ganz ohne Liturgie, geschweige den Einsetzungsworten, denn nun eigentlich sei.
Alles in allem: es war nicht unangenehm, von prosperity-gospel war wenig zu spüren, das Ganze wirkte sehr routiniert, viel weniger laut und sehr viel unspektakulärer, als ich es eigentlich erwartet hatte.
Jetzt sitzen wir im Zug nach Busan und ich bin sehr gespannt auf das, was uns dort erwartet. Einen kleinen Vorgeschmack hatten wir schon im Bahnhof, wo in der Haupthalle die Teilnehmer/-innen der Vollversammlung langsam eintrudelten, die das Wochenende in Seoul in verschiedenen Gemeinden verbracht hatten.
Und wie das Ganze aussieht, kann man sich in dem Clip unten ganz gut ansehen:
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c ivo huber
Einige weitere Bilder:
Dr. Malte Rhinow und Pfr. Thomas Paulsteiner von MissionEineWelt
Doppeltes Gegenfoto hält besser!
Sr. Prof. Dr. Nicole Grochowina und KRin Andrea Wagner-Pinggera im intensiven Gespräch
Die Massen aus dem Gottesdienst vorher verlassen geordnet die Kirche (14.000!)
Der Eingang zur Full Gospel Church
Ein erster Eindruck der Gottesdiensthalle von innen
Erst einmal die Ärmel hochkrempeln bevor es los geht!
Chor und Orchester, gigantisch wie alles in dieser Kirche eben.
So sieht der Altarraum aus. Erinnert eher an ein Arrangement aus einer Fernsehshow
Pastor Lee bei der Predigt. Fernsehübertragung live inklusive
Abendmahl, ohne ersichtliche Einsetzung, dafür aber in 10 Minuten vollbracht. Für uns sehr befremdlich.
Der vollbesetzte Gottesdienstraum
Die anderen Mitglieder der ÖRK-Delegation, die mit uns die Full Gospel Church besucht haben.
Das Dankopfer, zentraler Teil im Gottesdienst.
Großes Treffen auf dem Hauptbahnhof Seoul, hier Martin Wirth mit Andrea, gleich nach unserem Zug geht der Sonderzug von Seoul nach Busan zurück.
c Fotos Ivo Huber