Die Norwich Cathedral war vom 8. bis 18. August leergeräumt, stattdessen wurde ein Helter Skelter, eine Jahrmarktsrutsche, aufgestellt. Das Bild oben zeigt eine Idee, wie es aussehen könnte. Wer genaueres dazu in Erfahrung bringen möchte, kann das hier tun.
Ich verfolge das Projekt schon seit seiner Ankündigung im letzten Jahr. Offen gesagt, es hat mich ziemlich überrascht, aber auch ein wenig fasziniert. Die Presseresonanz war enorm. Es gab Zustimmung, aber auch große Ablehnung. Ich kann das nachvollziehen. Wer sich die Bilder aus Norwich Cathedral ansieht, wird das vermutlich als ziemlich bizzar erachten.
Auf der anderen Seite geraten Kirchen wie alle anderen großen Einrichtungen unseres Landes ins Hintertreffen. Wir sind in guter Gesellschaft, die Parteien verlieren Mitglieder, die Feuerwehren landauf, landab. Tröstlich? Wohl kaum. Aber was dagegen tun? Eine Idee, die zumindest für Aufmerksamkeit gesorgt hat, ist das Helter Skelter.
Was eine bessere Idee sein könnte, weiß ich auch nicht. Das aber auch ungewöhnliche Ideen überlegt werden sollten, zeigt ein anderes Beispiel.
Auch die Besucher von öffentlichen Bibliotheken nehmen ab. Kein Wunder, wo doch alles im Internet zu finden ist, wer mag da noch ein Buch lesen? Aufgeben? Keine Möglichkeit für die Hamburger Zentralbibliothek.
Wer die Bibliothek heute besucht, wird Sprachen aus allen Herren Ländern begegnen. In das, offen gesagt, nicht sehr hübsche Gebäude, das eher an eine Fabrik erinnert, kommen junge Frauen mit Kopftuch, alte Frauen mit Lesebrille, Männer mit schlechten Schuhen und solche mit vornehmen Anzügen, Penner mit Tüten und sogar Reisende, die ihre Koffer hinter sich herziehen.
In dem Haus scheint alles erlaubt und es gibt gutes, freies W-Lan. Selbstverständlich auch Steckdosen ohne Ende. Diese Bibliothek kann sich vor Besuchern kaum retten.
Nein, die Leute kommen nicht wegen der Bücher. Aber es kann dort alles gemacht werden. Die Menschen lernen, sie weinen und schlafen, es wird geflirtet und geküsst, vielleicht ab und an auch einmal gelesen.
In der Süddeutschen, in der ich darüber gelesen habe, sagt der verantwortliche Bibliothekar: „Wir haben eigentlich viel zu wenig Steckdosen“. Ein bemerkenswerter Satz für einen Bibliothekar. Diesem Bibliothekar ist wichtig, dass die Menschen sich in seiner Bibliothek wohlfühlen.
Ist das noch eine Bibliothek? Ist eine Kathedrale mit einer Rutschbahn noch eine Kirche? Sicher sind sie das, aber anders. Und es wird auch nicht reichen, und nicht alles ist gut, aber eines ist sicher, all die altehrwürdigen Institutionen wie Kirchen und Bibliotheken, die wie geschaffen sind für das feine Bildungsbürgertum, müssen sich öffnen. Tun sie es nicht, wird sich der Staub auf den Büchern mit Goldrand türmen wie auf den Kirchenbänken.
Natürlich geht nicht alles. Eine Bibliothek ohne Bücher ist keine Bibliothek mehr, genauso wie eine Kirche, in der nicht mehr gebetet, gesungen und gepredigt wird, keine Kirche mehr ist.
Was macht unsere Kirchen offen und was macht sie attraktiv? Vesperkirchen, in denen einmal im Jahr zum Essen eingeladen wird, finde ich eine prima Idee. Was meinen Sie? Schreiben Sie mir einfach, wenn Ihnen etwas zu unserer Kirchen einfällt!
Die Rechte am Bild des Helter Skelter liegen bei ©Annette Hudson/Paul Hurst/Irvin Leisure am Bild von der Bücherhallen bei ©Bücherhallen, Hamburg
1 Kommentar
Veränderung ist notwendig.
Die Predigt weglassen und das moralisieren.
Ein offenes Haus schaffen,welches immer geöffnet ist.
Ein Ansprechpartner ,Seelsorger darin.
Mehr braucht es nicht.