Im Fokus des heutigen Vormittages standen zwei profilierte Lutherforscher. Die Mainzer Kirchengeschichtlerin und Direktorin des Leibnizinstitutes, Irene Dingel, mit einem Vortrag zum Thema „Von der Wittenberger Reformation um Luthertum. Konfessionelle Transformationen“ und der finnische Systematiker Risto Saarinen zum Thema „Das glaubende Subjekt und die Ökumene: Wege der finnischen Luther Forschung“.
Irene Dingel zeichnete feinsinnig die Entwicklung des „Wittenberger Theologenkollektivs“ zu den Konfessionskirchen nach. Dabei ist mir sehr deutlich geworden, dass viele Probleme der unterschiedlichen Sichtweise keine Schwierigkeit darstellten, solange man zusammen in Wittenberg arbeitete und ein gemeinsames Ziel verfolgte. Kompliziert wurde es erst dann als Schüler sich einzelne Positionen herauspickten und für sich verabsolutierten. Perdu war das gemeinsame Ziel und singuläre Eitelkeiten bestimmten das Feld, eine Tatsache, die bis heute Urstände feiert.
Weiter interessant war Dingels Bemerkung, dass die Grundvoraussetzung eine Partei, ein Bekenntnis ein typisches Merkmal der spätmittelalterlichen Ständegesellschaft gewesen sei. Es wäre sinnvoll im Zuge der Überlegungen von EKD und velkd darüber genauer nachzudenken.
Risto Saarinen, der übrigens einen beachtenswerten blog schreibt http://blogs.helsinki.fi/ristosaarinen/z3/, stellte die finnische Lutherforschung im Gegenüber zur katholischen und deutschen Lutherrezeption vor. Das kann ich jetzt nicht ausführlich vorführen, möchte nur darauf hinweisen, dass nicht nur
Saarinens Ausführung zum Subjektivitätsbegriff hoch spannend gewesen sind, sondern auch sein Hinweis inwiefern Ratzinger die Ergebnisse des katholischen Lutherforscher Hacker rezipiert, der der Ansicht ist, dass Luthers Glaube im wesentlichen selbstreflexiv gewesen sei und somit ein derartiger subjektiver Glaube nur sich selbst glaube. Davon ausgehend eröffnete Saarinen den gesamten Horizont von Ignatius über die Väter von Trient, die lutherischer Orthodoxie bis hin zu Hegel und Schleiermacher. Nicht einfach, aber faszinierend. Noch nie hatte ich den Vorwurf vernommen, Notger Slenczka verschönere Luther unter Zuhilfenahme von Schleiermacher. Man verzeihe mir die Verkürzungen, aber mir geht es nur darum den Horizont abzustecken.
Mir macht es allein schon Freude, großen Entwürfen zu zuhören. Kein Wunder, dass auch in der Darstellung Saarinens in einer Stunde nicht alles gesagt werden konnte, entsprechend lebendig war das Hin und Her der Diskussion im Anschluss.