Von 31. Januar bis 01. Februar 2014 findet die Delegiertenkonferenz der ACK in Bayern statt. Thema diesen Jahres: Ich war fremd. Ihr habt mich aufgenommen.
Damit stellt die ACK in Bayern die Auseinandersetzung mit Flüchtlingen in den Mittelpunkt.
Die Konferenz wird am Freitag mit einem Bericht zur aktuellen Situation in Syrien, den Waseem Haddad aus Wien gibt. Haddad zeichnet ein differenziertes Bild einer hoch komplexen Situation im aktuellen Syrien. Monolithische Blöcke sind kaum auszumachen, sowohl Muslime wie als Christen in Syrien nehmen unterschiedliche Positionen ein. Problematisch wird von ihm die Rolle der religiösen, auch der christlichen Führer eingeschätzt, die im Gegensatz zu den Mitgliedern ihrer Kirchen oft loyal zu Assad stehen. Nach Hadad ist es wichtig zu erkennen, dass das syrische Regime nicht für die Christen, sondern für seinen eigenen Despotismus kämpft.
Nach Haddads Ansicht kann es nicht um ein ängstliches Beharren des Status quo gehen, weil die unsichere Zukunft Ängste hervorruft. Er wirbt stattdessen für ein Engagement von Christinnen und Christen in Syrien, sich zusammen mit ihren muslimischen Mitbürgern für die Zukunft des syrischen Staates einzusetzen.
Wie sehr einzelne christliche Gruppen bereits in den bewaffneten Kampf begeben haben, macht Haddad an einem Propagandevideo einer solchen Gruppe klar. Obwohl christlich, zeigt das Video jedoch eindeutige Anklänge an ähnliche Pamphlete islamistischer Prägung. Hadad sieht hierin einen Ausdruck christlicher Ängste, unter die Räder einer fortschreitenden Islamisierung zu geraten.
Das Dilemma der Christen in Syrien ist, sich entweder mit dem Regime zu arrangieren, um im Verzicht auf viele Rechte, ihr Überleben zu sichern (Mitglied der syrischen Regierungsdelegation in Genf II war ein syrischer Bischof!), oder im Widerstand gegen das Regime, ihre Rechte einzufordern und sich gleichzeitig einem erheblichen Risiko auszusetzen.
Angst ist, so Haddad ein schlechter Ratgeber, er möchte, und das ist in der Tat mutig, vielmehr auf das Zusammenwirken der verschiedenen moderaten gesellschaftlichen Kräfte für ein neues Syrien setzen, in dem die verschieden gesellschaftlichen Gruppen zu ihrem Recht kommen. In Syrien hat das im Gegensatz zu vielen anderen Staaten in der Nachbarschaft eine beachtliche Tradition. Die Christen sieht er dabei in einer Schlüsselrolle. Ob diese Position in der aktuellen Situation als realistisch angesehen werden kann, muss skeptisch gesehen werden. Das räumt Haddad ein. Sein Blick geht allerdings in die Zukuft. Es ist zu hoffen, dass er Recht behält.
Und natürlich überall, Dr. Maria Stettner, die Geschäftsführerin, die für ein gutes Gelingen sorgt:
Der Nachmittag beginnt mit einem Referat von Dr. Rathgeber vom Institut für Interkulturelle Kompetenz und Didaktik, der in den Gesamtrahmen von Religionsverfolgung einführt. Das betrifft einmal die geographischen Bereiche, die besonders auffällig sind, und zum anderen welchen rechtliche Grundlagen weltweit im Hintergrund stehen.
Interessant ist, dass Verfolgung in den jeweiligen Kontexten höchst subjektiv eingeordnet wird. Wie ist das zu sehen, wenn in einem säkularen Umfeld Kanada genannt wird, weil christliche Symbole im Öffentlichen Raum nicht gezeigt werden dürfen, im Gegensatz zur lebensbedrohlichen Verfolgung in Afganistan oder im Irak? Im Menschenrechtskanon findet sich der Verfolgungsbegriff deswegen nicht. Es ist deswegen in diesem Bereich wichtig zu kategorisieren, um die schwere Verfolgung in den Blick zu nehmen, wo, wie zum Beispiel in Indonesien schwerwiegende und systematische Christenverfolgung als Menschenrechtsverletzung stattfindet. Kurz gesagt, es geht nur konkret und nur dann wenn eine Strategie vorliegt, weil sich nur so Gründe benennen lassen, die eine Flucht rechtfertigen.
Wenn nun gefragt wird, was jenseits dessen getan werden kann, dann bietet sich an, in den jeweiligen Kontexten nach anderen verfolgten Gruppen zu fragen. Wichtig sind aber auch ganz generell alle Bemühung darum, dass unterschiedliche Gruppen miteinander ins Gespräch zu kommen. Dazu dient in aller erster Linie der interreligiöse Dialog.
Der zweiten Input kam von Ursula Gräfin Praschma, Abteilungspräsidentin vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Nürnberg. Gräfin Praschma führt in das Thema sehr nüchtern ein und gibt einen detailierten Überblick wie ein Asylverfahren durchgeführt wird und welche Menschen nach Deutschland kommen.
Auch wenn das Vorgehen von Gräfin Praschma zuerst einmal sehr nüchtern scheint, ist ihr trockener Zugang insofern sehr hilfreich, weil jenseits alle begründeter Emotionen die Sachlage wahrgenommen werden muss. Die Aufnahmezahlen Deutschlands sind im internationalen Vergleich überraschend hoch. Interessanterweise werden nur etwa 25% der Dublinfälle umgesetzt. Der Löwenanteil der Antragssteller kommt aus GUS-Staaten und den Balkanstaaten, die in den allermeisten Fällen keinen begründeten Schutz nachweisen können. Ein riesen Problem sind die ca. 100. 000 Verfahren, die auf Bearbeitung warten. Schön ist, dass der Koalitionsvertrag doch einige Verbesserungen wie schnellere Zugang zum Arbeitsmarkt, Sprachkurse und Bleiberegelung bringt.
Die Schlussrunde, moderiert von Andrea Wagner-Pingérra, war noch einmal wichtig, um auf den Punkt zu kommen und den Widerspruch zumindest anzusprechen, dass heute über ein Thema sehr sachlich gesprochen wurde, das weite Teile der Bevölkerung höchst emotional bewegt.
Gerade deswegen ist Klarheit wichtig, damit das, was gut läuft, deutlich wird, aber auch die Problemstellung poitiert angesprochen werden. Beides war möglich und das ist gut so.