Hebron

IMG_1111Noch nie zuvor in meinem Leben bin ich in einem besetztem Gebiet gewesen. Das kannte ich bislang nur aus Büchern oder Filmen. Selbstverständlich war mir bewusst, dass es die besetzten Gebiete gibt, habe mich bereits vor langem damit auseinandergesetzt, aber ich war eben noch nie selbst dort.
Zusammen mit breaking the silence (www.breakingthesilence.org.il) waren wir in Hebron. Diese Organisation dokumentiert Übergriffe der israelischen Armee und setzt sich für die Rechte der Menschen in den besetzten Gebieten ein. 

Für Palästinenser geblockter Zugang zur Stadt
Für Palästinenser geblockter Zugang zur Stadt

Die besondere Lage in Hebron ist, dass sich Siedler in der Mitte der Stadt mit Unterstützung der israelischen Regierung angesiedelt haben. Das sind zwar nur sehr wenige Menschen, allerdings radikal gesinnt und mit einem hohen Polarisierungspotential. Nur ein Beispiel: In Hebron ist das Patriarchengrab. Angeblich liegt hier Abraham, Lea, Isaak usf. begraben. Juden wie Moslem haben an diesem Ort eine Moschee und eine Synagoge. Baruch Goldstein, ein Arzt einer der jüdischen Siedlungen in Hebron, erschoss 1994 in der Moschee 29 Muslime und auch auf der Gegenseite gab es im Lauf der Koexistenz ein lange Liste von Opfern. In der zweiten Intifada musste die israelische Armee die größte Anzahl von Opfern beklagen.

Verbarrikadierter Ladenzugang
Verbarrikadierter Ladenzugang

In der Konsequenz aus diesen gegenseitigen Gewaltausbrüchen trennt die Armee Siedler und palästinensische Bevölkerung. Das bedeutet: In der ganzen Stadt sind beide Gruppen  strikt voneinander getrennt. Nur um sich das vorzustellen: Mitten in der Altstadt von Hebron gibt es eine Siedlung und um diese herum eine tote Zone, alle Menschen sind aus ihr vertrieben, die Läden und Türen zugeschweißt oder verbarrikadiert. Das Leben in Hebron gleicht einer Geisterstadt, alle paar Meter ein Checkpoint, Militär aller Orten. Dabei darf nicht übersehen werden, dass das Militär zum Schutz der Siedler eingesetzt ist, was die Siedler konsequent für sich ausnutzen und somit unter den Augen des Militärs einen Staat im Staat initiiert haben. Eine Militärverwaltung ist kein Rechtsstaat. Ein paar hundert Siedler, die gleiche Anzahl von Soldaten, 180 000 Palästinenser, Hass auf beiden Seiten ohne Ende, alles nur auf Halt gestellt, das Einzige, was gedeiht, ist der Hass. Dass das nicht aufgehen kann, ja mehr noch Anlass und Grund für weitere Auseinandersetzung ist, war offensichtlich.
Ich verstehe sehr viel besser, warum viele unserer Gesprächspartner die Frage der besetzten Gebiete so schnell als möglich gelöst haben wollen.

Zurück bleibt bei mir ein Gefühl der Beklemmung verbunden mit dem Gefühl der Freude, dass es solche Menschen wie von breaking the silence gibt, die sich unter extremen Schwierigkeiten für die Menschlichkeit stark machen.

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